Henning Schmiedt
Klären wir zunächst ein Geheimnis. Henning Schmiedt ist Deutscher, hat - neben Dutzenden von anderen Tonträgern, allein bei Wikipedia sind 76 Alben gelistet, an denen er mitgewirkt hat - bislang acht Alben mit (neo)klassischen Piano-Eigenkompositionen aufgenommen, und ist in Deutschland bislang trotzdem nur den wenigsten Musikhörern ein Begriff. Wie konnte er so lange - immerhin 13 Jahre seit seinem ersten Album mit Pianostücken und über 30 Jahre seit Erscheinen der ersten Platte unter seiner Mitwirkung - fast komplett unter dem Radar laufen? Die Antwort ist ganz einfach: „Piano Diary“ wird sein erstes Solo-Album sein, das auch offiziell in Deutschland erscheint, nachdem seine bisherigen Solowerke alle nur über das japanische Label Flau erschienen.
Und das kam so: Henning Schmiedt, geboren 1965, Klavierausbildung am Konservatorium in Rostock, war zunächst einmal offen in die unterschiedlichsten Richtungen. Ein Genre-Surfer, der Erfahrungen und Erlebnisse sammelt. Er hat erst mal viel im Jazz gemacht, arbeitete lange und wiederholt mit internationalen Größen wie Mikis Theodorakis, Zülfü Livaneli, Maria Farantouri oder der Amerikanerin Jocelyn B. Smith zusammen, übernahm Aufträge als musikalischer Direktor für Film- und Theatermusiken, schrieb ein Requiem oder „Bilder-Assoziationen zu Kurt Weill“. Kurzum: Er führte ein im Grunde aufregendes und abwechslungsreiches Leben als vollbeschäftigter Musiker.
„Eines Tages war dann plötzlich trotzdem der Moment da, an dem ich merkte: der Bandkontext funktioniert für mich nicht mehr so richtig“, erzählt er. „Also begann ich, Musik für mich alleine aufzunehmen - Musik, die zunächst überhaupt nicht zur Veröffentlichung vorgesehen war und deren Hauptaufgabe darin bestand, mich selber zu befrieden in einer recht hektischen privaten und beruflichen Phase.“ Über Umwege fand seine Musik ihren Weg nach Japan und in die Hände von Yasuhiko Fukuzono, dem Betreiber des Plattenlabels Flau. In den folgenden Jahren erschienen acht Alben mit Schmiedts Musik auf Flau. Mit Klängen, wie man so in der Neoklassik noch nicht gehört hat.