June Cocó
Welche Superkräfte wirken wirklich in uns? Also jenseits von höher, schneller, weiter. Sind wir besonders gut darin, uns zu verlieben? Oder haben wir die Stärke, das Scheitern zu akzeptieren, um danach umso beherzter aufzubrechen? Auf ihrem dritten Album „Infinity Mode‟ erkundet die Musikerin, Singer-Songwriterin und Produzentin June Cocó höchst wahrhaftig, mit welchen Spezialtalenten sich das Leben erfüllt gestalten lässt. Und die ganz besondere Superpower dieser äußerst charismatischen Künstlerin ist es definitiv, die Menschen mit ihrer Musik aufzuladen. Mit Songs, die durchströmt sind von feinsinniger Euphorie. Ihre oftmals pianobasierten Kompositionen verquickt sie mit Bandsound und Elektronica, mit Echos, Beats und irrlichternden Ideen zu vielschichtig pulsierendem Pop. Traumwandlerisches Driften trifft auf reichlich Uptempo-Glück. Ein komplexes und zugleich höchst eingängiges Schaffen, das sich am ehesten mit den freudvollen Stilmixturen einer Florence Welch vergleichen lässt. Und das getragen ist von June Cocós Stimme. Eigensinnig und voller Empathie, von dunkler Nähe und hell hochfliegend. Gesangsharmonien, die unmittelbar eine warme Energie in uns aufsteigen lassen. Bis sich alles tiefer und zugleich transparenter anfühlt. Popmusik, die die eigenen Superkräfte aktiviert. Die uns leuchten lässt. Ein Superpower-Empowerment sozusagen.
„In dem Album stecken all meine high Highs und low Lows der vergangenen fünf Jahre‟, erzählt June Cocó mit der ihr ganz eigenen Offenheit. Sie ging dahin, wo es wehtat. Um Beziehungen neu zu definieren. Um Ungeliebtes loszulassen. Um Grenzen zu überwinden, neuen Mut zu fassen und auf den Flow zu vertrauen. Bis der Unendlichkeitsmodus einsetzte. „Manchmal schaue ich zurück und muss schmunzeln über mich selbst: Wie ich mich verrückt gemacht und gelitten habe, weil ich einfach nicht richtig hingehört und hingesehen habe.‟ Ihre aktuellen Songs sind durchdrungen von diesem zutiefst persönlichen Prozess. Und von einer neu gewonnen Klarheit. Eine ultimative Superpower, die ihren Widerhall aufs Schönste in der Musik findet: Das Album klingt deutlich opulenter als das Vorgängerwerk „Fantasies & Fine Lines‟ und das dazugehörige Rework-Album „Métamorphoses‟. „Infinity Mode‟ atmet mehr Weite, mehr Größe, mehr Pop. „Auch wenn ich natürlich weiterhin verspielte Sounds und Überraschungen in der Musik liebe und suche.‟
Seit sie sich als Kind in das Klavierspielen verliebte, ist June Cocó eine Suchende. Sie studierte Tanz, Schauspiel, Gesang und Musik. Hin zu der beeindruckenden Künstlerinnenpersönlichkeit, die sie heute ist. Mondän und traumversunken, gewitzt und und aufregend. Dass sie als Hotel-Pianistin in Leipzig auch Stars wie Udo Lindenberg und George Clooney begeisterte – schön. Aber June Cocó lebt nicht für den schnellen Fame, sondern für die nachhaltige Verbindung mit ihrem Publikum. Ihre Fans reichen mittlerweile von Frankreich bis Japan, wohin sie ihre „The Spark Tour 2023‟ unter anderem führen wird. Konzerte von June Cocó sind schlichtweg großartige Verwandlungen. Wie sie mit wenigen Akkorden am Piano eine enorm berührende Intimität herstellt. Und wie sie Sound und Emotionen dann mit Loop-Station und elektronischen Effekten ins Orchestrale überführt. Immer wieder wird sie daher mit der großen Avantgarde des Pop verglichen. Sei es mit der grandiosen Innovateurin Kate Bush. Oder sei es mit dem hintersinnigen Melodienerfinder Sufjan Stevens. Und nun steht mit „Infinity Mode‟ die nächste Station an. Auch ganz konkret im örtlichen Sinne: „Generell ist das Album stark durch meinen Umzug nach Berlin geprägt‟, erklärt June Cocó. „Mich final für diese Stadt zu entscheiden, hat mich sehr inspiriert und frei gemacht.‟
Dieser freie Spirit ist im Opener „Super Power‟ überdeutlich zu spüren. Eine futuristische Gospel-Hymne, fein durchwirkt von klanglichen Details und facettenreichen Chören, die das Herz hoffnungsvoll emporheben. „Now my kryptonite, has vanished over night / and I feel alright, like I got superpowers‟, singt June Cocó mit ihrer eindringlichen Stimme. Sie bedankt sich bei all jenen, die einem helfen, das eigene Potenzial zu leben. Animiert von Superheldinnen wie Captain Marvel, die am Horizont dem Sonnenuntergang entgegenfliegt.
„Infinity Mode‟ bedeutet für June Cocó, stets aufs Neue aufzubrechen. Von Punkt zu Punkt und immer weiter. Etwa im Song „Hovering Clouds‟, in dem sie das Balladeske und den Bombast betörend verbindet. Eine Reise vom irdischen Treiben hin zur Unendlichkeit des Universums. Angeregt von Yoko Onos Installation „Sky TV‟, die eine Live-Schaltung in den Himmel zeigt – mitsamt der Aufforderung: „look up!‟. Es geht darum, andere Perspektive zu gewinnen und sich immer wieder Fragen zu stellen. Zum Beispiel: Was hat es eigentlich mit diesen Winkekatzen auf sich? Glücksbringer, Kitsch oder beides? In dem verspielt voranpreschenden „Manekineko‟ besingt June Cocó augenzwinkernd all die Projektionen, die wir in solch einen Talisman hineinlegen. Hat da jemand Dancefloor gerufen? Ja bitte! Und zugleich ist diese tanzbare Nummer auch eine Ode an ihre persönliche Winkekatze, die June Cocó auf der Bühne begleitet. Und die bereits viele Bars, Clubs, Klaviere, Bühnen, Menschen und Zustände gesehen hat. Ihr Winken hört nie auf. Und auch die Musik läuft immer weiter. Die Vergangenheit hallt in die Zukunft hinein. Was für ein Glück!
Doch was motiviert uns, tatsächlich loszugehen? Von diesem speziellen Augenblick, diesem entscheidenden Schub erzählt June Cocó im wunderbar beflügelnden „The Spark‟. „Motiviert durch den Funken einer Person, das richtige Wort im richtigen Moment, einen lieben Blick oder ein Schlüsselerlebnis wagen wir es wieder, die eigenen Träume zu realisieren.‟ Sich aus einer toxischen Beziehung lösen („Solid Ground‟), sich frisch verlieben („Crazy‟) und die innere Drama Queen auch einmal ruhigstellen („Kill Her‟) – June Cocó weiß, das der Weg zur wohlig wehenden „Summer Rhapsody‟ verschlungen ist. Und dass wir unterwegs wohl oder übel unseren Dämonen begegnen. Doch dann warten da am Ende diese magischen Ereignisse, wie die Musikerin sie in „Common Sense‟ episch zum Schwingen bringt: Als June Cocó 2022 zum ersten Mal auf Teneriffa war, um Surfen zu lernen, stieg sie nachts von einem Fischerturm aus ins Meer. „Ich hatte gehört, dass im Wasser leuchtender Plankton vorkommt. Und als ich unter meiner Taucherbrille das erste Mal die Augen öffnete, fing um mich herum alles an zu leuchten. Wie ein eigenes Universum unter Wasser.‟
„Infinity Mode – activate‟ lauten die ersten Worte des Albums. Und dass June Cocó diese ganz besondere Dynamik aktiviert hat, zieht sich nicht nur durch all ihre neuen Songs. Auch die Entwicklung der Platte ist von diesem Drive befeuert: „Musik zu machen und Songs zu schreiben, gibt mir ein Gefühl von Unendlichkeit. Wir sind Teil eines großen Ganzen, mit allen Facetten und Geschichten, die wir erfahren.‟ Diesen allumfassenden Geist hat June Cocó in ihre gesamte Produktion hineingebracht. Denn so gerne sie auch in sich gekehrt, wandernd und meditierend, ihre Poesie aufsteigen lässt, so sehr ist sie auch eine passionierte Teamplayerin. An den meisten Songs hat sie mit Produzent und Schlagzeuger Johannes Ziemann alias Pullmann gearbeitet. Aber auch Ausflüge in die nostalgische Atmosphäre von Gregor Hennigs Studio Nord in Bremen trugen zur Bandbreite des Albums bei. Streicher und Bläser, Theremin und Omnichord, Beats und Elektronica ergänzen den Piano- und Band-Sound von „Infinity Mode‟ spannungsreich. Und die Pole von Singer-Songwriter-Minimalismus bis hin zum Tarantino-Sound werden stets in Balance gehalten von der Präsens des Pop. Von dieser übergroßen und unendlichen Superkraft der Musik.