EVERDEEN
Nachdem sie in den letzten Jahren mehr als nur ein wenig Aufsehen in der
erblühenden Indie-Szene Süddeutschlands generieren konnten, sind Everdeen
bereit für den nächsten Schritt – oder Sprung, um genau zu sein: Mit „Stay“
entledigt sich das Stuttgarter Trio endgültig der Rolle der melancholischen,
introvertierten Indie-Tagträumer und zeigt uns stattdessen sein wahres, weltoffenes
Gesicht. Zwischen kosmopolitischer Chuzpe und jener schwer greifbaren
Sehnsucht gabeln auf dem Weg zahlreiche neue Einflüsse und Aromen für ihren
jenseitigen Indie Rock auf und segeln entschlossen einem neuen Horizont
entgegen.
Gegründet im sonnengetränkten San Francisco von US-Amerikaner Ian Stahl und
der türkisch- deutschen Sängerin Sümeyra, fand sich das Duo bald darauf in
Stuttgart wieder. Hier trafen sie mit Schlagzeuger Thommy Mross zusammen, mit
dem sie ihren Sound reifen und gedeihen ließen. Wie es sich für ein wahrhaft
interkontinentales und interkulturelles Trio gehört, machte sich dieser Sound nie
von einem bestimmten Ort abhängig und zielt eher auf internationale Standards
ab, wie sie in Großbritannien oder Skandinavien aufgestellt werden. Das macht
„Stay“ nicht nur zu ihrer bislang stärksten Veröffentlichung; es ist zugleich ihr
ergreifendstes, überzeugendstes Werk, ein Werk, das sich in triumphierenden,
überwältigenden Soundwällen über seine Hörer ergießt.
Dadurch wurden Everdeen zugänglicher ohne dabei ihre geisterhafte, ätherische
Aura zu verlieren, die auch Bands wie Florence + the Machine oder London
Grammar atmen. Das führt zu musikalischen Kostbarkeiten wie die euphorisierende
Wucht des Openers „This Place“, eine Hymne darüber, in einem Kaff gefangen zu
sein, das bittersüße „Don’t Give Up The Ghost“ oder das sagenhaft treibende
„Heart Shaped Gutter“. Während diese Songs für die wilde, die ekstatische und
ausschweifende Seite des Trios stehen, zeigen Stücke wie der elegische
Sundowner „Colours“ oder das schwere, monumental wogende Epos „By The
Water“ das Zwielicht in ihren Herzen zeigen und sollten am besten nach
Sonnenuntergang genossen werden. „Stay“ ist für die Träumer. Für die Kämpfer.
Für all die, die die Hoffnung selbst in der größten Dunkelheit nicht verlieren. Und
in einem schrägen Jahr wie diesem haben wir genau so etwas gebraucht.